In diesem Blogartikel gehen wir deshalb auf den Prozess einer Lohnpfändung im Detail ein und wie diese berechnet wird. Des Weiteren erläutern wir, was Arbeitgebende bei der Gehaltspfändung beachten müssen, welche Pfändungsgrenzen es gibt und erklären, welche Lohnbestandteile pfändbar sind und welche nicht.
Definition: Was ist eine Lohnpfändung?
Die Lohnpfändung, auch als Gehaltspfändung bekannt, ist ein rechtlicher Prozess, der in der Zivilprozessordnung (ZPO) geregelt ist und eine Form der Zwangsvollstreckung darstellt.
Bei einer Lohnpfändung werden die pfändbaren Teile des Arbeitslohns eines Arbeitnehmenden vom Arbeitgeber einbehalten und direkt an einen oder mehrere Gläubiger der betroffenen Person ausbezahlt.
Im Rahmen dieses Verfahrens wird der Arbeitgeber zum sogenannten Drittschuldner der Gläubiger. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber die Verantwortung dafür trägt, die pfändbaren Beträge korrekt zu berechnen und fristgerecht an die Gläubiger zu überweisen.
Die Lohnpfändung dient demnach dazu, ausstehende Schulden, wie unbezahlte Kredite, Steuerrückstände oder Unterhaltsverpflichtungen, zu begleichen. Sie zielt jedoch auch darauf ab, dass Arbeitnehmende und deren unterhaltsberechtigte Familienmitglieder weiterhin über ausreichendes Einkommen verfügen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.
Um diesen Zweck zu erfüllen und gleichzeitig die finanzielle Stabilität der Arbeitnehmenden zu wahren, existieren Pfändungsgrenzen. Diese legen fest, welche Teile des Arbeitslohns gepfändet werden können und welche geschützt sind.
Was gilt es als Arbeitgeber bei Lohnpfändungen zu beachten?
Die Umsetzung einer Lohnpfändung folgt einem klaren rechtlichen Prozess, der in § 840 der Zivilprozessordnung (ZPO) festgelegt ist. Dieser Prozess beginnt, wenn ein Gläubiger das Vorliegen von Schulden nachweist und einen sogenannten Vollstreckungstitel erwirkt. Der Vollstreckungstitel enthält alle relevanten Informationen zu Art, Umfang und Inhalt der Schulden.
Mit diesem Vollstreckungstitel kann der Gläubiger beim örtlichen Amtsgericht einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss beantragen, der dann an den Arbeitgeber des Schuldners übermittelt wird. Sobald dieser Beschluss beim Arbeitgeber eingeht, wird dieser zum sogenannten Drittschuldner.
Als Drittschuldner hat der Arbeitgeber bestimmte Verpflichtungen zu erfüllen. Er muss innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt des Beschlusses Auskünfte geben, beispielsweise über die Höhe des pfändbaren Arbeitsentgelts des betroffenen Angestellten. In den meisten Fällen übernimmt die Personalabteilung oder die Lohnbuchhaltung die Abwicklung dieser Angelegenheiten.
Zu Beginn des Prozesses muss der Arbeitgeber die Forderung anerkennen und seine Bereitschaft zur Zahlung erklären. Dabei ist es wichtig anzugeben, ob andere Gläubiger ebenfalls Forderungen geltend gemacht haben oder ob weitere Personen Ansprüche an die Forderung haben.
Im Anschluss erfolgt die Ermittlung des pfändbaren Arbeitsentgelts, wobei verschiedene Faktoren berücksichtigt werden, einschließlich der geltenden Pfändungsgrenzen und des individuellen Einkommens des Schuldners.
Wer zuerst kommt, mahlt zuerst
Häufig befindet sich ein Schuldner in einer Situation, in der er Schulden bei mehreren Gläubigern hat. Die Lohnpfändung folgt stets dem Prinzip: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber bei mehreren Anträgen zur Lohnpfändung die älteste Forderung zuerst bedienen muss.
Um diese Rangfolge zu umgehen, versuchen einige Gläubiger, eine Vorpfändung durch einen Gerichtsvollzieher zustellen zu lassen. Dabei handelt es sich um eine Ankündigung der Pfändung. Sollte es Unklarheiten geben, welche Forderungen vorrangig bedient werden müssen, so können die pfändbaren Beträge beim Amtsgericht hinterlegt werden, welches dann die Verteilung abwickelt.
Eine Ausnahme gibt es bei der sogenannten Unterhaltspfändung. Sollte es zu einer Lohnpfändung kommen, weil ein Schuldner sich mit seinen Unterhaltsverpflichtungen für ein Kind im Rückstand befindet, gelten besondere Regeln.
In diesen Situationen kann ein größerer Anteil des Gehalts gepfändet werden, da Unterhaltsverpflichtungen vor anderen finanziellen Ansprüchen priorisiert und somit die finanzielle Sicherheit von Kindern gewährleistet werden kann.
Welche Pfändungsgrenzen gibt es?
Zur Existenzsicherung existieren festgelegte Pfändungsgrenzen, auch bekannt als Pfändungsfreigrenzen. Diese Grenzen bestimmen den Betrag des Einkommens, der bei einer Lohnpfändung geschützt ist. Sollte ein Schuldner zusätzlich unterhaltsverpflichtet sein, erhöht sich die Pfändungsgrenze entsprechend der Anzahl der unterhaltsberechtigten Personen.
Arbeitgeber können die amtliche Pfändungstabelle für die genaue Berechnung nutzen. Die Pfändungstabelle gibt dabei an, welcher Teil des monatlichen, wöchentlichen oder täglichen Nettoeinkommens der Arbeitnehmer gepfändet werden kann.
Es gibt auch eine Obergrenze in der Pfändungstabelle, ab denen das zusätzliche Gehalt vollständig gepfändet werden kann. Die genauen Beträge variieren dabei je nach Unterhaltspflicht und werden jährlich zum 1. Juli angepasst.
Es ist wichtig zu beachten, dass auch Kurzarbeitergeld gepfändet werden kann, sofern es die geltende Freigrenze übersteigt. Wenn bereits eine laufende Lohnpfändung besteht, kann es des Weiteren erforderlich sein, eine separate Beantragung für das zusätzliche Einkommen vorzunehmen.
Was darf nicht gepfändet werden?
Verschiedene Lohnbestandteile unterliegen unterschiedlichen Pfändungsregelungen. Einige Bestandteile sind grundsätzlich nicht pfändbar, dazu gehören etwa
- Aufwandsentschädigungen,
- Erziehungsgelder und
- Studienbeihilfen (gemäß § 850a ZPO).
Zulagen für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit, die als Erschwerniszulagen gelten, sind ebenfalls unpfändbar.
Allerdings gibt es Ausnahmen, wenn es um Zulagen für Schichtarbeit oder Arbeit am Samstag geht, wie es in einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 23.08.2017 (Az. 10 AZR 859/16) festgelegt wurde.
Die monatlichen Beiträge zur betrieblichen Altersvorsorge (bAV) sind gemäß einem Urteil des BAG vom 14.10.2021 (Az. 8 AZR 96/20) vor Pfändung geschützt. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmende erst nach Erhalt des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses mit der betrieblichen Altersvorsorge beginnt. Zusätzlich sind zumindest die gesetzlich vorgesehenen Beiträge von bis zu 4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze gemäß § 1a BetrAVG vor Zwangsvollstreckung sicher.
Andere Einkommensbestandteile sind nur bedingt pfändbar, wie es in § 850b ZPO festgelegt ist. Hierzu gehören beispielsweise
- Urlaubsgeld,
- Sonderzahlungen anlässlich von Betriebsjubiläen und
- Überstundenvergütungen, von denen maximal die Hälfte gepfändet werden kann.
Wie wird eine Lohnpfändung berechnet?
Die Berechnung des zu pfändenden Betrags bei einer Lohnpfändung erfordert eine genaue Prüfung der einzelnen Lohnbetsandteile, da einige Teile des Gehalts überhaupt nicht, teilweise oder unter bestimmten Bedingungen gepfändet werden können.
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Welche Lohnbestandteile des Bruttogehalts sind pfändbar?
Einige Lohnbestandteile, wie vermögenswirksame Leistungen und Aufwandsentschädigungen, sind nicht pfändbar. Bei anderen, wie Überstundenvergütungen, kann nur ein Teil gepfändet werden. Naturalleistungen wie die private Nutzung eines Dienstwagens werden als Sachbezug berücksichtigt.
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Wie wird der monatliche Nettolohn ermittelt?
Um den pfändbaren monatlichen Nettolohn zu ermitteln, werden die Positionen wie Steuern und Sozialversicherungsbeiträge einfach vom errechneten pfändbaren Bruttogehalt abgezogen.
Dabei gilt es zu beachten, dass der pfändbare Nettolohn möglicherweise nicht dem entspricht, was auf der Lohnabrechnung als Nettolohn angezeigt wird, da bereits Abzüge für unpfändbare Anteile berücksichtigt wurden.
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Wie wird der pfändbare Betrag eines Angestellten ermittelt?
Der pfändbare Betrag eines Angestellten hängt von der Anzahl der Unterhaltspflichten ab und ergibt sich aus der amtlichen Lohnpfändungstabelle.
Die genaue Berechnung des zu pfändenden Betrags erfordert eine sorgfältige Prüfung der individuellen Umstände und sollte im Einklang mit den geltenden rechtlichen Bestimmungen durchgeführt werden, um sowohl die Interessen des Schuldners als auch des Gläubigers zu wahren.
Wie wird eine Lohnpfändung in SAP HCM umgesetzt?
Die Durchführung einer Lohnpfändung in SAP HCM erfolgt in mehreren Schritten, damit die gesetzlichen Anforderungen und die finanziellen Verpflichtungen gegenüber Gläubigern ordnungsgemäß erfüllt werden.
Es gibt sieben Infotypen in SAP HCM für die Lohnpfändung.
- 0111 Pfändung/Abtretung
- 0112 Forderung
- 0113 Zinsangaben
- 0114 Pfändbarer Betrag
- 0115 Lohnanteile
- 0116 Überweisung
- 0117 Rückzahlung/Darlehen/weitere
Die Umsetzung der Lohn- und Gehaltspfändung in SAP erfordert die Angabe des Status, der Zustellungsdetails und weiterer Informationen wie ausstellendes Gericht und Aktenzeichen. Der Infotyp 0112 (Forderung) beinhaltet die Hauptforderung, Kosten und die Reihenfolge der Schuldentilgung. Das Setzen eines Häkchens bei „Zinsen“ führt zur automatischen Erfassung von IT 0113 (Zinsangaben).
Der Infotyp 0114 (Pfändbarer Betrag) besteht aus fünf Reitern, darunter Block 1 für gewöhnliche Pfändung, Block 2 für bevorrechtigte Pfändung, Sonderfälle, VWL-Verträge und Zusammenrechnung von Arbeitseinkommen. Die korrekte Erfassung unterhaltsberechtigter Personen ist wichtig, wobei gesetzliche Zehntel automatisch berücksichtigt werden können. Die Arbeitgeberanteile zur vermögenswirksamen Leistung sind generell unpfändbar, können jedoch freigestellt werden, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind.
Dokumentation & Protokollierung in SAP HCM
Nach Abschluss des Prozesses ist es ratsam, eine Simulation mit einem Abrechnungsprotokoll zu erstellen. In dieser Simulation können Sie den Prozess der Ermittlung des pfändungsfreien Nettoeinkommens und des pfändbaren Betrages nachverfolgen. Darüber hinaus bietet das Protokoll eine übersichtliche Darstellung, wie die verschiedenen Lohnarten interpretiert wurden, einschließlich besonderer Lohnarten wie beispielsweise Eigenanteile des Arbeitnehmers zu vermögenswirksamen Leistungs-Überweisungen.
Fazit – Eine Lohnpfändung ist kein einfacher Prozess
Die Lohnpfändung ist ein rechtlich komplexer Prozess, der Arbeitgebende und Arbeitnehmende gleichermaßen betrifft. Sie dient dazu, ausstehende Schulden zu begleichen, darf aber nicht die finanzielle Stabilität der betroffenen Arbeitnehmer gefährden.
Arbeitgebende müssen die gesetzlichen Anforderungen und Verfahren der Lohnpfändung verstehen, um rechtliche Probleme zu vermeiden. Dies erfordert Kenntnisse über Pfändungsgrenzen und Regelungen für verschiedene Lohnbestandteile.
Aufgrund der sich ständig ändernden gesetzlichen Anforderungen sowie dem komplexen Entgeltabrechnungsprozess vertrauen daher viele Unternehmen auf Payroll-Service-Anbieter wie Zalaris.
Gerne stehen wir Ihnen für Fragen zur Seite und beraten Sie zu unseren Dienstleistungen in diesem Bereich.