Warum DE&I?
Diversity, Equity and Inclusion, abgekürzt DE&I, sind nicht nur Schlagworte, sondern die wesentlichen Säulen eines Paradigmenwechsels in der modernen Unternehmenskultur. Dabei geht es darum, die Werte Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion tief in der Unternehmenskultur zu verankern – weit über formelle Dokumente wie Personalhandbücher und Unternehmensleitbilder hinaus – und ihre Bedeutung für das gesamte Unternehmen anzuerkennen: Vielfalt, die über die Merkmale von Herkunft, Geschlecht und Alter hinausgeht, umfasst einen Reichtum an unterschiedlichen Erfahrungen, Hintergründen und Perspektiven. Gleichberechtigung sorgt für gleiche und faire Ausgangsbedingungen und baut systembedingte Barrieren ab, die den beruflichen Aufstieg von Menschen z.B. aus verschiedenen Gesellschaftsschichten erschweren. Inklusion geht über eine bloße Einladung zur Teilhabe hinaus – es geht um die Schaffung eines Umfelds, in dem jede Stimme nicht nur gehört, sondern auch wertgeschätzt wird.
Was ist DE&I?
DE&I steht für Diversity, Equity and Inclusion. Arbeitgeber verpflichten sich damit, eine Arbeitsumgebung zu schaffen, in der Unterschiedlichkeit und Vielfalt geschätzt und gefördert werden, in der Fairness und Chancengleichheit für alle gegeben sind und in der sich jeder Einzelne wertvoll und respektiert fühlt.
Eine Unternehmenskultur, in der eine Vielzahl von Meinungen, Erfahrungen und Hintergründen aufeinandertreffen und ein lebendiges Mosaik von Perspektiven und Ideen bilden – das ist das Potenzial von DE&I. Ein integratives Arbeitsumfeld, in dem Unterschiede nicht nur akzeptiert, sondern wertgeschätzt und regelrecht gefeiert werden. Dieses Idealbild in der Praxis zu erreichen, scheitert jedoch oftmals bereits im Einstellungsprozess, wo offene und verborgene Vorurteile bei der Personalauswahl die Realisierung einer wirklich vielfältigen und integrativen Belegschaft schnell vereiteln können.
Die Macht von DE&I am Arbeitsplatz
Unternehmen mit einem Frauenanteil von mehr als 30 % in den Führungsetagen weisen mit größerer Wahrscheinlichkeit eine überdurchschnittliche Rentabilität auf als Unternehmen mit weniger als 10 %.
Wissenschaftliche Untersuchungen belegen immer wieder, dass heterogene Teams in Bezug auf Innovation, Kreativität, Problemlösung und wirtschaftliche Ergebnisse besser abschneiden als homogene Teams. Durch die Zusammenarbeit von Personen mit unterschiedlichen Hintergründen, Erfahrungen und Perspektiven können Unternehmen auf ein breiteres Spektrum an Ideen, Erkenntnissen und Lösungen zurückgreifen und so Innovation und Wachstum fördern.
Ebenso hat man festgestellt, dass ein vielfältiges Management den Umsatz um 19 % steigert. Darüber hinaus sind divers besetzte Teams besser in der Lage, ihre ebenso heterogenen Kundengruppen zu verstehen und auf diese einzugehen. Dies spiegelt sich in einer höheren Kundenzufriedenheit und Kundentreue wider.
Integrative Arbeitsplätze fördern darüber hinaus eine Kultur der Empathie innerhalb des Unternehmens. Hier fühlen sich Mitarbeitende mit unterschiedlichen Hintergründen wertgeschätzt, respektiert und damit motiviert, ihr Bestes für das Team zu geben und gute Arbeit zu leisten.
Das Recruiting ist der zentrale und wichtigste Ansatzpunkt zur Umsetzung von Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion. Hier werden die Unternehmenswerte in die Praxis umgesetzt – oder sie bleiben auf der Strecke. Bewusste und unbewusste Vorurteile lauern oft unter der Oberfläche und bestimmen, wer eingestellt wird und wer ungeachtet seines Potenzials außen vor bleibt.
Insbesondere unbewusste Vorurteile können heimtückisch sein, da sie sich unserem Bewusstsein entziehen und unsere Wahrnehmungen und Entscheidungen unbemerkt subtil dirigieren. Von der Art und Weise, wie wir Lebensläufe lesen und bewerten, bis hin zu den Fragen, die wir in Vorstellungsgesprächen stellen, beeinflussen unsere Vorurteile und Vorannahmen jede Phase des Einstellungsverfahrens.
Betrachten wir zum Beispiel die erste Sichtung von Lebensläufen: Unbewusste Voreingenommenheit kann dazu führen, dass Personalverantwortliche sich – ohne es zu merken – eher auf Menschen konzentrieren, deren Herkunft, Bildungshintergrund oder bisherige Erfahrungen ihren eigenen ähnlich sind. Selbst hochqualifizierte Personen aus unterrepräsentierten Gruppen werden dadurch mit einem höheren Risiko aussortiert als die mit den “gängigsten” Lebensläufen und Merkmalen.
Auch bei Vorstellungsgesprächen können sich unbewusste Vorurteile zu einer unterschiedlichen Behandlung aufgrund von Faktoren wie Herkunft, Geschlecht oder sozioökonomischem Status führen. Um DE&I-Initiativen erfolgreich umzusetzen, müssen Unternehmen sich daher den Einfluss bewusster und unbewusster Vorurteile in jeder einzelnen Phase des Einstellungsprozesses bewusst machen und diese aktiv angehen.
Das Bewusstsein für die unterschiedlichen Arten von Vorurteilen zu schaffen ist der erste wichtige Schritt in diesem Zusammenhang. Die häufigsten (unbewussten) Vorbehalte lassen sich in verschiedene Kategorien clustern, die wir im Folgenden beleuchten. Dies hilft uns, besser zu verstehen, wie wir diese unterschiedlichen sogenannten (Unconscious) Biases einordnen und mit ihnen umgehen können.
Bias und Unconscious Bias: (Unbewusste) Vorurteile im Recruiting erkennen
Unter Bias (aus dem Englischen: Voreingenommenheit, Befangenheit) versteht man eine Neigung zur Bevorzugung oder Benachteiligung von Einzelpersonen, Gruppen oder Organisationen auf Grundlage irrelevanter Kriterien. Diese kann Entscheidungsprozesse bei der Personalbeschaffung subtil oder offenkundig beeinflussen. Unbewusste Vorurteile (Unconscious Bias) sind dabei besonders tückisch, da sie oft nicht wahrgenommen werden und damit unkontrolliert Einfluss auf unser Denken und Handeln nehmen. Daher müssen Unternehmen diese Tendenzen unbedingt erkennen und ihnen entgegensteuern, um faire und gerechte Einstellungspraktiken zu gewährleisten.
Im Folgenden werden einige gängige Arten von Biases und Unconscious Biases bei der Einstellung von Mitarbeitenden anhand von Beispielen erläutert:
Affinity Bias (Affinitätsbias): Von Affinitätbias spricht man, wenn Personalverantwortliche Personen bevorzugen, die ähnliche Eigenschaften oder einen ähnlichen Hintergrund haben wie sie selbst. So könnte ein Recruiter beispielsweise einen Kandidaten, der an im gleichem Studiengang an der gleichen Universität wie er selbst studiert hat, unbewusst besser beurteilen. Genauso gut oder gar besser geeignete Kandidat:innen, zu denen sich keine Gemeinsamkeiten finden, werden dagegen (unbewusst) kritischer betrachtet oder benachteiligt.
Attribution Bias (Attributionsbias): Hierbei handelt es sich um die Beurteilung von Bewerbenden auf Basis wahrgenommener vermeintlicher Persönlichkeitsmerkmale und nicht aufgrund objektiver Leistungen. So wird bei einem ruhigen Bewerbenden mangelndes Durchsetzungsvermögen vermutet, auch wenn seine nachgewiesenen Fähigkeiten und Erfahrungen Anderes belegen. Einem eher quirligen Bewerbenden dagegen traut man unbewusst mehr Arbeitseifer und Innovationskraft zu.
Beauty Bias (Schönheitsbias): Diese tritt auf, wenn Personalverantwortliche Bewerbende aufgrund ihres Aussehens und nicht aufgrund ihrer Qualifikationen beurteilen. Hier besteht das Risiko, einen hochqualifizierten Bewerbenden zugunsten eines vermeintlich attraktiveren Bewerbenden (unbewusst) kritischer zu bewerten.
Conformity Bias (Konformitätsbias): Im Recruiting beschreibt diese Bias die (unbewusste) Bevorzugung von Kandidat:innen, deren Aussagen mit den gängigen Ansichten innerhalb des Unternehmens übereinstimmen. Personen mit eigenen, abweichenden Ansichten und Vorstellungen sowie Verbesserungsvorschlägen werden eher abgewiesen. Dies birgt das Risiko, innovative, zukunftsorientierte Menschen abzulehnen, die das Unternehmen voranbringen würden.
Confirmation Bias (Bestätigungsbias): Die Confirmation Bias beschreibt eine Verzerrung, bei dem (unbewusst) solchen Informationen eines Bewerbenden, die bestehende (unbewusste) Annahmen bestätigen, mehr Gewicht gegeben wird als solchen, die von diesen abweichen. Diese Bias kann auch spät im Einstellungsprozess auftreten.
Contrast Effect (Kontrasteffekt): Dieser Effekt entsteht, wenn Kandidat:innen direkt miteinander verglichen und nicht einzeln anhand objektiver Kriterien bewertet werden. So wird ein:e Kandidat:in beispielsweise aufgrund des Vergleichs mit anderen Bewerbenden und nicht aufgrund seiner eigenen Qualifikationen höher oder niedriger beurteilt, als dies rein anhand der individuellen Fakten der Fall wäre.
Gender Bias (Geschlechtsspezifische Bias): Diese Bias beschreibt die Benachteiligung oder Bevorteilung von Bewerbenden aufgrund ihrer Geschlechtsidentität.
Halo-Effekt: Der Halo-Effekt tritt auf, wenn ein positiver Eindruck eines Bewerbenden in einem Bereich die Wahrnehmung anderer Eigenschaften beeinflusst. So wird beispielsweise (unbewusst) angenommen, dass ein:e Kandidat:in mit einem beeindruckenden Bildungshintergrund in einem Bereich auch in anderen Bereichen überragend ist, ohne die spezifischen Kompetenzen für sich selbst zu bewerten.
Horn Effect (Horn-Effekt): Dieser beschreibt das Gegenteil des Halo-Effekts. Hier wirkt sich eine einzelne kritische Stelle im Lebenslauf oder eine nicht perfekt passende Information im Bewerbungsgespräch direkt negativ auf die Gesamteinschätzung des Bewerbenden aus. So wird beispielsweise aufgrund von kleinen Fehlern in einem Lebenslauf (unbewusst) auf mangelnde Kompetenz rückgeschlossen und relevante Fähigkeiten und Erfahrungen außer Acht gelassen.
Indem sie diese Verzerrungen erkennen und ihnen entgegenwirken, können Organisationen einen integrativeren und gerechteren Einstellungsprozess fördern und sicherstellen, dass die Bewerbenden auf der Grundlage ihrer Fähigkeiten und nicht aufgrund von unwesentlichen oder rein subjektiven Faktoren bewertet werden.
Die negativen Folgen von Vorurteilen bei der Rekrutierung
Unternehmen, die eine größere Vielfalt aufweisen, haben eine 70% höhere Wahrscheinlichkeit, neue Märkte zu erschließen. – Havard Business Review
Die Auswirkungen von Biases bei der Einstellung gehen weit über einzelne Bewerbende und über das HR hinaus – sie betreffen das gesamte Unternehmen. Vorurteilsbehaftete Recruitingprozesse führen nicht nur zu mangelnder Vielfalt in der Belegschaft, sondern nehmen Unternehmen auch die Chance, das gesamte Spektrum an Talenten und Perspektiven des Marktes zu nutzen. Dies hemmt Innovation, Kreativität und Wachstum, da neue Ideen und alternative Sichtweisen ungenutzt bleiben, die für Veränderungen und Optimierungen aber essenziell sind. Darüber hinaus schwächt eine vorurteilsbehaftete Unternehmenskultur das Vertrauen der Mitarbeitenden und verringert das Engagement, insbesondere bei Personen aus unterrepräsentierten Gruppen, die sich innerhalb der Organisation nicht gesehen, ausgegrenzt oder gar abgewertet fühlen. Vorurteilsfreie Einstellungsprozesse und eine gelebte DE&I sind daher essenziell für die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens.
Strategien zur Reduzierung von Vorurteilen im Recruiting
Laut einer von der European Energy Union (ETU) durchgeführten Umfrage gaben 81 % der Arbeitnehmer an, dass sie mit höherer Wahrscheinlichkeit bei einem Arbeitgeber bleiben würden, der Vielfalt, Gleichberechtigung und Integration (DE&I) zu seinen Prioritäten zählt. Rund 78 % gaben an, dass sie ihren Arbeitgeber unter solchen Bedingungen eher weiterempfehlen würden.
Die Schaffung möglichst vorurteilsfreier Auswahlprozesse erfordert einen umfassenden und proaktiven Ansatz, der Bewusstseinsbildung, Aufklärung und gezielte Maßnahmen umfasst. Unternehmen können verschiedene Strategien anwenden, um Vorurteilen in den einzelnen Phasen des Einstellungsprozesses entgegenzuwirken.
Eine Möglichkeit ist beispielsweise die Sichtung von Lebensläufen im Blindverfahren. Dabei werden identifizierende Informationen, die zu Diskriminierungen führen könnten, vorab entfernt, so dass sich die Personalverantwortlichen ausschließlich auf die Qualifikationen und Erfahrungen der Bewerbenden konzentrieren können. Auch die Standardisierung von Bewerbungsgesprächen und Einstellungskriterien minimiert subjektive Bewertungen und fördert Fairness und Konsistenz bei der Beurteilung von Bewerbenden.
Darüber hinaus schärfen Investitionen in Diversity-Schulungen für Recruiter:innen und Personalverantwortliche das Bewusstsein für mögliche Vorurteile und geben ihnen das Rüstzeug, um fundiertere und unvoreingenommene Entscheidungen zu treffen. Der Einsatz von Technologien wie künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen kann den Prozess weiter verstärken, indem Aspekte der Personalbeschaffung automatisiert werden und potenzielle (menschliche) Vorurteile in Stellenbeschreibungen oder der Bewertung der Bewerbenden rechtzeitig aufgedeckt werden.
Vielfalt, Gleichberechtigung und Integration fördern
Vorurteile und unbewusste Vorbehalte bei der Einstellung von Mitarbeitenden stellen ein gewaltiges Hindernis für die Erreichung von Vielfalt, Gleichberechtigung und Integration am Arbeitsplatz dar. Indem sie die Existenz solcher „Biases“ anerkennen, das Bewusstsein dafür schärfen und proaktive Maßnahmen ergreifen, können Unternehmen einen Weg zu gerechteren und integrativen Einstellungspraktiken einschlagen und von dem großen Nutzen von DE&I profitieren.
Durch konzertierte Bemühungen, Vorurteile abzubauen, können Unternehmen ein Umfeld schaffen, in dem jeder Einzelne die Möglichkeit hat, seinen Beitrag zu leisten und erfolgreich zu sein, was letztlich den kollektiven Erfolg und die Leistungsfähigkeit des gesamten Unternehmens fördert.
Setzen Sie den nächsten Schritt für ein inklusives und vorurteilsfreies Recruiting. Erfahren Sie mehr darüber, wie Zalaris Ihnen helfen kann, DE&I in Ihrem Einstellungsprozess zu stärken.