Was bedeutet 4-Tage-Woche?
Die 4-Tage-Woche ist ganz an der Basis ein Arbeitszeitmodell, das vier Arbeitstage pro Woche vorsieht. Die Idee resultiert im Wesentlichen aus dem immer bewussteren Umgang mit Zeit, Gesundheit und Lebensqualität. Folgende Entwicklung ist dabei maßgeblich: Lebten Erwerbstätige früher, um zu arbeiten, gehen Menschen heute eher ihrer beruflichen Tätigkeit nach, um zu leben bzw. sich gewisse Standards in einer ausreichenden Freizeit leisten zu können.
Das 4-Tage-Modell ist relativ neu und wurde in den 2010er-Jahren erstmals in größerem Umfang von Startups und progressiven Unternehmen angewendet. Die Digitalisierung, Homeoffice und hybride Teams tragen heute massiv dazu bei, dass der Ansatz sowie flexibleres Arbeiten allgemein immer mehr Relevanz bekommen. Ein rechtlicher oder gesetzlicher Rahmen liegt jedoch bisher nur in wenigen Ländern vor.
Wird es die 4-Tage-Woche in Deutschland bald geben?
Tatsächlich werden die Forderungen nach einer kürzeren Arbeitswoche für Deutschland und betreffende Argumentationen mit stichhaltigen Fakten immer zahlreicher. Ob die Befürworter:innen schließlich erfolgreich sein werden, kann man bislang kaum abschätzen.
Immerhin steht nun ein Pilotprojekt an, für das sich Unternehmen verschiedener Branchen bewerben können. Hier wird das Konzept über sechs Monate erprobt. Als Organisator fungiert eine Berliner Unternehmensberatung. Außerdem ist die Organisation Four Day Week Global involviert, die entsprechende Untersuchungen bereits in anderen Ländern durchgeführt hat.
Am Ende steht eine wissenschaftliche Auswertung. Mit den Erkenntnissen ist dann jedoch längst noch nicht geklärt, ob und – wenn ja – wo die 4-Tage-Arbeitswoche konkret angewendet wird. Genaues zu einem möglichen gesetzlichen Rahmen ist zum jetzigen Zeitpunkt demnach nicht bekannt.
Wie funktioniert die 4-Tage-Arbeitswoche?
Es gibt durchaus verschiedene Funktionsansätze, die auch in Deutschland zur Diskussion stehen. Die folgenden zwei Varianten sind am gängigsten:
- Gleiches Arbeitspensum, weniger Tage: Bei diesem Ansatz wird das typische Arbeitsvolumen an nur vier Tagen anstatt an fünf erledigt. Beschäftigte müssen dann an den verbleibenden Tagen in aller Regel länger tätig sein. Die beruflich aufgewendete Zeit erhöht sich gemeinhin von acht auf zehn Stunden. Der Lohn bleibt gleich.
- Weniger Arbeitsvolumen, weniger Tage: Die zweite Variante sieht vier Arbeitstage mit gleichbleibenden Standardzeiten von zumeist acht Stunden vor. Ein Tag fällt weg – der Lohn bleibt jedoch gleich.
Wenn heute über die 4-Tage-Woche in Deutschland gesprochen wird, geht es normalerweise um dieses Modell. Es wird aber durchaus auch über eine Gehaltsreduzierung für den fehlenden Tag diskutiert.
Wo gibt es die 4-Tage-Woche bereits?
Vier Tage in der Woche zu arbeiten, ist ein immer öfter genutztes Modell und tatsächlich auch in Deutschland längst angekommen. Es handelt sich vielerorts jedoch nicht um einen gesetzlich festgelegten Arbeitszeitansatz, sondern um eine freiwillige Umsetzung einzelner Unternehmen.
Beispielsweise bietet ein großer Software-Entwickler aus Hamburg von sich aus eine 32-Stunden-Woche anstatt der typischen 40-Stunden-Woche bei gleichem Lohn an. Gerade in kreativen und digitalen Berufen sind entsprechend geringere Tätigkeitszeiten schon recht häufig zu finden. Das Handwerk zieht ebenfalls verstärkt nach: Immer öfter werden betreffende Stellenanzeigen und letztlich die zugehörigen Jobs mit dem Schlagwort „4-Tage-Woche“ für die besten Fachkräfte attraktiver gemacht.
Gesetzlich verankert ist das Arbeitszeitmodell hingegen in Belgien seit Ende 2022. Dabei haben Angestellte die Wahl, ihr herkömmliches Arbeitspensum nicht an fünf, sondern an vier Tagen zu absolvieren. Es ist alternativ auch eine Reduzierung der Stundenanzahl möglich – dann aber unter Gehaltsabzug.
Island ist einer der Vorreiter: Schon 2015 ging ein Modellprojekt an den Start und heute sollen laut euronews in der Tat ca. 90 Prozent der isländischen Erwerbstätigen unter reduzierten Arbeitszeiten ihr Berufsleben beschreiten.
Was sind die Vor- und Nachteile einer 4-Tage-Woche?
Schon eine ganze Weile beschäftigen sich die Wirtschaft und Wissenschaftler unterschiedlicher Bereiche mit den möglichen Auswirkungen einer 4-Tage-Arbeitswoche. In zahlreichen Studien wurden durchaus gewichtige Vorteile herausgestellt, aber auch gewisse Nachteile aufgedeckt.
Vorteile 4-Tage-Woche
Motivation
Zu den größten Vorzügen zählt laut Erkenntnissen der Forschung, dass dieses Tätigkeitsmodell zu einer größeren Motivation unter Angestellten führen soll. Es gewährt eine bessere Work-Life-Balance und wirkt im Zuge dessen besonders überzeugend für die besten Fachkräfte.
Effizienz & Effektivität
Tatsächlich soll sogar die Produktivität durch die verringerte Arbeitszeit einen erheblichen Push erhalten. Kürzere Tätigkeitszeiträume sind weniger kraftraubend, womit die Energie in vier Tagen effizienter und schließlich effektiver für den Job eingesetzt wird.
Geringere Fehlzeiten
Beteiligte an Modellprojekten in verschiedenen Staaten Europas waren in der 4-Tage-Arbeitswoche insgesamt zufriedener, ausgeglichener und gesünder. Das beutet im Umkehrschluss weniger Ausfallzeiten.
Geschlechtergerechtigkeit
Nicht zuletzt wurde ein positiver Effekt auf die Gleichstellung von Männern und Frauen verzeichnet. Bisher ist es so, dass überwiegend Frauen weniger Tage in der Woche beruflich tätig sind und sich dafür mehr um die Kinder kümmern. Durch eine generelle Durchsetzung von nur vier Arbeitstagen und die allgemein gewonnene Zeit könnte sich dieses Ungleichgewicht relativieren.
Nachteile 4-Tage-Woche
Gesamtwirtschaftliche Produktivitätseinbußen
Kritische Einschätzungen gibt es vor allem hinsichtlich der möglichen gesamtwirtschaftlichen Konsequenzen. Alles in allem könne die Produktivität nicht aufrechterhalten oder sogar langfristig gesteigert werden, wenn 20 Prozent der herkömmlichen Arbeitszeit wegfallen – in diesem Punkt sind sich viele Wirtschaftsexperten einig.
Reduzierter Rentenanspruch
Wenn eine Reduzierung des Lohns erfolgt und als Konsequenz mehr Leute angestellt werden, die die ausstehende Arbeit erledigen, entsteht auf individueller Ebene dennoch ein geringerer Rentenanspruch.
Konflikt mit bestehenden Arbeitsschutzgesetzen
Für viele Experten stellt sich die Frage nach der Sicherheit. Durch die stärkere Eingrenzung der Tätigkeitstage geht viel Flexibilität verloren. Laut bestehendem Gesetz darf in Deutschland nicht mehr als zehn Stunden pro Tag gearbeitet werden. Die Gefahr ist in diesem Zusammenhang relativ groß, dass nicht nur Überstunden, sondern auch gesetzlich verbotene Mehrarbeiten vorkommen.
Wie realistisch ist eine Vier-Tage-Arbeitswoche?
Erst einmal bedarf es nach der sechsmonatigen Probephase ausgedehnter Auswertungen. Sollten die Ergebnisse eine eindeutig positive Tendenz aufweisen, sind die Behörden und die Politik gefragt. Dafür muss jedoch über Jahre ein geeigneter Gesetzesentwurf erarbeitet und verabschiedet werden.
Die gesetzliche 4-Tage-Woche ist in Deutschland demnach noch ein Zukunftsmodell bzw. eher ein Ansatz für bestimmte Branchen. Flächendeckend wird es wohl auch nach dem derzeit angestoßenen Testprojekt nicht zu einer entsprechenden Reduzierung der Arbeitszeit kommen.
Fazit
Schon jetzt sind Unternehmen mit einer 4-Tage-Arbeitswoche für viele Talente besonders attraktiv. In gängigen Branchen dürften demzufolge mehr und mehr Firmen zu diesem oder ähnlichen Modellen wechseln – alleine als Lösungsansatz für den Fachkräftemangel. Somit und ebenso hinsichtlich der vielen weiteren Vorzüge kann der Ansatz für deutsche Betriebe durchaus einen Wert haben. Ob es schließlich wirklich zur gesetzlich regulierten 4-Tage-Woche in Deutschland kommt, bleibt abzuwarten. Zunächst wird es den Arbeitgebenden überlassen bleiben, ihren Angestellten eine Reduzierung der Tätigkeitszeit zu ermöglichen oder andere attraktive Arbeitszeitmodelle anzubieten.